Wir lieben Vielfalt

Die Herschelschule spricht sich seit vielen Jahren ganz klar gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt gegen Schutzlose aus. Seit dem 02. Mai 2001 trägt sie als zweite Schule in Hannover den Titel „Schule ohne Rassismus — Schule mit Courage“ und führt regelmäßig gemeinsame Aktionen durch, die der Aufklärung und Stärkung der Toleranz dienen. In diesem Sinne wurden am 27. und 28.01.2022 in allen Jahrgängen Projekttage zum Thema „Schule der Vielfalt: für Respekt und Toleranz gegenüber sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität“ durchgeführt.

Wer bin ich? Wer möchte ich sein? Und wie möchte ich von anderen gesehen werden? Diese und ähnliche Fragen stellen wir uns alle im Laufe unseres Lebens. Um diese Fragen für sich beantworten zu können, sind Kompetenzen wie Reflexion, Akzeptanz und Toleranz, Integration und Courage unbedingte Voraussetzung. Indem wir stets an uns selbst arbeiten, uns in unserem Denken und Verhalten beobachten und evtl. eingefahrene Verhaltensweisen ändern, setzen wir uns auch zu unseren Mitmenschen in Beziehung. Was gewinnen wir durch diesen oftmals langwierigen und anstrengenden Prozess? Wir lernen, sowohl sorgsam mit uns selbst als auch mit anderen umzugehen. Wir nehmen uns und unser Gegenüber in seiner Ganzheit an — egal welcher Herkunft, Religionszugehörigkeit oder Sexualität.

Ergebnisse einer schulinternen Evaluation zum Wohlbefinden der Schüler*innen, die im Herbst an der Herschelschule durchgeführt wurden, ergaben, dass sich viele Kinder und Jugendliche vermehrt mit ihrer sexuellen Identität beschäftigen und sich mehr Aufklärung, Austausch und Anerkennung wünschen. Dies nahmen sowohl Lehrkräfte als auch engagierte Schüler*innen zum Anlass, um zwei Projekttage zu planen. Ein halbes Jahr inklusive Fortbildungen benötigte die Planungsgruppe zur Vorbereitung. Je intensiver sich die Lehrkräfte und Schüler*innen in die Thematik einarbeiteten, desto bewusster wurden sie sich der Verantwortung. Dass es auch im Jahr 2022 noch viele Vorurteile, Ablehnungen bis hin zu Hass gibt, denen sich Menschen, die sich der LGBTQIA+-Bewegung zuordnen, täglich auseinandersetzen bzw. aushalten müssen, machte die Planungsgruppe sehr betroffen. Umso deutlicher wurde, wie feinfühlig dem Thema während der Projekttage begegnet werden musste. Gerade Jugendlichen, die auf der Suche nach sich selbst und oft noch unsicher bzgl. ihrer sexuellen Identität sind, muss im vertrauten Klassenverband ein geschützter Raum gegeben werden. Das setzte gleichzeitig eine Offenheit, Akzeptanz und Toleranz im gesamten Klassenverband aber auch Verschwiegenheit voraus. Eine Gratwanderung, die nicht immer leicht zu bewältigen war. Kontroverse Diskussionen wurden an den zwei Tagen viele geführt. Aber braucht es nicht diese, um neue und andere Ansichten zu erfahren? Um sich selbst in seinem Denken zu überprüfen und um sich (neu) zu positionieren?

Die Auseinandersetzung mit dem Projektthema ließ zumindest keinen unberührt: Sowohl den Pausengesprächen auf dem Schulhof als auch denen im Lehrerzimmer war zu entnehmen, dass der eigene Horizont erweitert oder gar geöffnet wurde. Dass das eigene Weltbild stets ausgebaut, überprüft und ggf. erneuert wird, wünschen wir uns. Denn:

Wir sind viele.

Wir sind bunt.

Wir sind vielfältig.

                                                                                                                      Text: Julia Mischke

                                    Fotos und Beiträge: Emel Mamak, Limar, Al Sultan, Sophie Leinpinsel, Marie Hamard, Jana Schulz, Anna Schaub, Matthias Mischke